Montag, 23. September 2013

Habemus Kanzlerin!

Rien ne va plus ... die Wahl ist vorbei und Deutschland hat sich entschieden - deutlich sogar. Das deutsche Volk hat aus der Amtszeit Merkel, jetzt die Ära Merkel gemacht. Aber, dass die Union fast die absolute Mehrheit erreichen kann, damit hatte wohl auch die Kanzlerin nicht gerechnet. "Superergebnis", "Wahnsinn", "das ist einfach gigantisch" ...da waren die ersten Reaktionen der CDU-Spitze -  dass dabei der ehemalige Koalitionspartner durchs Raster fällt wird weder kommentiert, vielleicht nicht mal realisiert. Auf den Triumphmarsch der FDP bei der letzten Bundestagswahl 2009 folgt das schlechteste Ergebnis der Parteigeschichte - ein Verlust von 2/3 aller Wählerstimmen - und der erste Nicht-Einzug in den Bundestag seit bestehen der Bundesrepublik. Klar ist jetzt schon: will die FDP weiterhin irgendwo eine Rolle spielen, sei es außerparlamentarisch oder ab der nächsten Wahl wieder im Bundestag, dann muss sich einiges grundlegend ändern - vor allem die Spitze. Die ersten Reaktionen von Rainer Brüderle und Philipp Rösler klangen schon nach Rücktritt und die ersten Wechselgerüchte sind schon eifrig im Gange. Volker Kubicki und auch Christian Lindner stehen schon Spalier - es ist nur eine Frage der Zeit bis die FDP zum Sonderparteitag läd. Ob das die FDP aus ihrer Sinnkrise retten kann ist natürlich fraglich. Meiner Meinung nach fand gestern nur der Chef der Jungen Liberalen Lasse Becker die richtigen Worte und sagte sinngemäß, dass es der FDP nicht gut zu Gesicht stehe einen "Bettel-Wahlkampf" zu betreiben, der nur darauf aus ist auf Güte von CDU-Anhängern zu hoffen. Fakt ist: heute ist als Ergebnis von nicht eingelösten Wahlversprechen und eines miserablen Wahlkampfes, Kofferpacken im Bundestag angesagt. 
Die SPD konnte zwar zulegen, aber nicht in dem Maß wie sie es gern gesehen hätte. Rot-Grün, davon ist man weit entfernt. Was natürlich nicht nur an der SPD liegt, aber dazu später mehr. Peer Steinbrück gab heute morgen die Parole "weiter machen" aus. Was bleibt der SPD auch übrig. Die weiteren Schritte liegen jetzt bei Angela Merkel. Große Koalition, oder Schwarz-Grün...obwohl auch Rot-Rot-Grün eine klare Mehrheit hätte, aber diese Konstellation ist in weiter Ferne. Wenn die SPD also regieren will, dann in einer großen Koalition und ob es sich Peer Steinbrück dann doch anders überlegt und auch "weitermachen" will, das bleibt abzuwarten. Denn eigentlich wollte er in einer großen Koalition nicht als Minister und/oder Vizekanzler zur Verfügung stehen.
Die Linke wollte eigentlich mehr und das zweistellige Ergebnis von 2009 ausbauen. Mit 8,6% ist man weit davon entfernt und trotzdem - drittstärkste Partei im Bundestag. Natürlich unter Mithilfe der FDP und den mehr als schwachen Grünen. Koalieren möchte mit Ihnen trotzdem niemand - aus welchen Gründen auch immer, die wurden ja schon oft genug, lang und breit diskutiert. Sei es die innere Zerrissenheit der Partei oder die Haltung mancher gegenüber dem Nationalsozialismus. Wenn selbst Oskar Lafontaine im Saarland keinen Wahlkampf für seinen Direktkandidaten Thomas Lutze machen möchte, dann deutet das zumindest darauf hin, dass man sich nicht allzu gut untereinander versteht. 
Und die Querelen um das Direktmandat zwischen Thomas Lutze und Yvonne Plötz waren hier sicherlich auch nicht hilfreich. Wie sauber es bei Wahlen und anschließender Neuzählung der Stimmen zuging ist auch fraglich. Für die Linke ist es sicherlich keine Niederlage in der Opposition zu sein, und hierbei sogar den Vorsitz zu haben ist wohl eher ein kleiner Sieg. Dennoch wird Spitzenkandidat Gregor Gysi nicht müde werden der SPD und den Grünen die "Ausschließeritis", wie er es nennt, auszureden, um die Parteien zu gemeinsamen Gesprächen zu führen - ob diese mit positivem oder negativem Ergebnis glänzen bleibt dann abzuwarten. Aber reden sollte drin sein, so Gysi.
Und nun zu den Grünen. Man erntet was man säht. Auch die Grünen stehen vor den Scherben eines desaströsen Wahlkampfes. Steuern waren noch nie das Thema der Grünen und genau damit wollte Trittin glänzen. Dann auch noch die Fehltritte mit dem "Veggie-Day" und der Pädophilie-Debatte. Mit Katrin Göring-Eckard hatte Jürgen Trittin zudem eine Partnerin an seiner Seite, die bei sämtlichen TV-Auftritten dadurch glänzte, jedem und wirklich jedem ins Wort zu fallen. Sympatische Außenwirkung sieht anders aus. Der größte Fehler jedoch ist es, sich als DIE Umweltpartei zu präsentieren und sich dann von der CDU und Peter Altmaier das Spielzeug klauen zu lassen. Peter Altmaier hat sehr geschickt dafür gesorgt, dass der Eindruck entsteht, dass die Energiewende jetzt eine Idee und ein Machwerk der Union ist. Auch hier wird es, genau wie bei der FDP, einen Neuanfang brauchen - und dieser wird schon jetzt gefordert. Cem Özdemir fordert Neuwahlen des Vorstandes. Claudia Roth stimmt dem zu und plant wohl schon mal einen Sonderparteitag. Auch hier wurden klare Fehler im Wahlkampf gemacht - vermeidbare Fehler. Was das jetzt für die politische Zukunft eines Jürgen Trittin heißt wird sich bald zeigen.
Dann wäre da noch die AfD. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ein Großteil der AfD-Wähler aus Protest für dieses erschreckend gute Ergebnis gesorgt haben. Eine Partei mit einer solchen politischen Ausrichtung gegen Europa und gegen den Euro würde Deutschland in der Außendarstellung massiv schaden. 
Frankreich und Großbritannien jubeln jetzt über das spektakuläre Ergebnis von Angela Merkel...laut Umfragen kann man das auch so sehen, denn nicht die CDU, sondern Angela Merkel hat gewonnen. Über 50% aller CDU-Wähler machen ihr Kreuz wegen der Kanzlerin und nicht wegen der Partei. In anderen Teilen Europas wird weniger gefeiert: "die Sparkönigin hat gesiegt" heißt es beispielsweise in Griechenland. Die befürchten, dass ihnen weiterhin die Sparkeule übergezogen wird und sich nichts wirklich verbessert. Aber ich möchte die Europapolitik der nächsten vier Jahre nicht vorwegnehmen. 
Jetzt geht erstmal der Koalitionspoker los, denn so gut das Ergebnis der Union auch ist, es reicht nicht um allein zu regieren. Momentan ziert sich die SPD noch etwas vor einer großen Koalition und die ersten Unionsstimmen nach Schwarz-Grün werden laut. Verschwörungstheoretiker meinen auch in der schwarzen Halskette von Angela Merkel einen grünen Punkt entdeckt zu haben ;-) 
Die nächsten Stunden und Tage werden noch spannend werden. 

Wir werden es erleben...

Cheers,

karlo

Freitag, 20. September 2013

Die Qual der Wahl - über Shadowing, PannenPeer , Fesselspielchen und Fracksausen

Long time no see...

Umzug und Veränderungen im Job haben mich etwas ausgebremst was den Blog angeht. Dafür erstmal eine dicke Entschuldigung an die, die sehnsüchtig auf neue Posts gewartet haben ;) - aber kurz vor der Wahl muss ich mich natürlich wieder zu Wort melden. 
Viele sind immer noch unentschlossen wer, oder welche Partei, die eigenen Kreuzchen am meisten verdienen. Diese Unentschlossenheit kann ich gut verstehen, unterscheiden sich die großen Parteien doch nur noch marginal in ihren Programmen und Aussagen. Außerdem findet sich für jede Partei irgendwo ein Grund, der einen nur noch mit dem Kopf schütteln lässt. 
Die CDU ist momentan das beste Beispiel für "Shadowing", gibts bei einer Partei was Gutes im Programm oder ist mal eine nette Idee am Start, dann ist das natürlich sofort auch im Programm von Angi und ihren Schergen. Eigene Ideen? Fehlanzeige - nicht Auffallen um jeden Preis und bloß keine Fehler machen lautet die Devise. Immer schön Raute zeigen! 
Die SPD und ihr Spitzenkandidat, der mittlerweile so viele Kosenamen hat, dass man seinen eigentlich Namen fast vergisst: PannenPeer, Peerlusconi - trotz vieler guter Ansätze trifft der Mann ein Fettnäpfchen nach dem anderen und zeigt damit der Welt öffentlich den Mittelfinger. Leider geht seine gute Rhetorik und sein Wortwitz in vielen Reden dabei unter. Volksnähe scheint ihm auch fremd.
Die Grünen und Jürgen Trittin stolpern über Jahrzehnte verschollene Wahlprogramme, in denen Pädophilie halb so schlimm ist und ihr Paradethema Energiewende lassen sie sich von der CDU wegschnappen. 
Die Linke hat mit Gregor Gysi wohl den begabtesten Redner im Bundestag, leider ist sich die Partei untereinander nicht ganz grün - koalieren möchte mit der Linken auch niemand (zumindest noch nicht) sollte es für Rot-Rot-Grün reichen, wie beispielsweise in Niedersachsen, dann sieht die Welt bestimmt wieder ganz anders aus. 
Kommen wir nun zur FDP - ein Wahlkampf, der darauf ausgelegt ist, die Mitleidsstimmen der CDU abzugreifen und mehr aus betteln, als aus Thesen besteht ist schon merkwürdig. Erschwerend kommt hinzu, dass mehr gegen die Grünen geschossen wird, als die eigenen Punkte in den Vordergrund zu stellen. Dazu diese unbändige Angst vor Rot-Rot-Grün samt Panikmache; Zitat Sigmar Gabriel (SPD): "Da muss einem schon ganz schön der Frack sausen". 
Dann gibts da noch die Piraten: eine Partei die dermaßen einen Wahlkampf verschläft, der nicht besser auf sie zugeschnitten hätte sein können. NSA-Spitzelaffäre, Vodafone lässt sich Millionen Kundendaten klauen ... und das sind nur 2 Riesenthemen, die eine Internet-Partei hätte aufgreifen können/ müssen. Stattdessen verstrickt sich die saarländische Landesvorsitzende der Piraten in Bondagespielchen - Politik völlig entfesselt. 
Und zum Schluss die AfD - raus aus dem Euro! Eine These wie in Stein gemeiselt - das Allheilmittel der AfD. Sonst hat diese Partei nicht wirklich viel zu bieten. Ein einziger Punkt, der, wenn man den Umfragen glaubt, reichen könnte um die 5% Hürde zu knacken.

In zwei Tagen gehts um die Wurst - dann ist Bundestagswahl. Im Vorfeld habe ich mit den saarländischen Spitzenkandidaten von CDU, SPD, Grüne, Linke und FDP gesprochen. Maßgabe waren die Anworten auf maximal eineinhalb Minuten zusammenzufassen, um euch ausschweifende Wahlkampfphrasen zu ersparen. Ihre Antworten auf meine Fragen? Hört selbst:

Peter Altmaier (CDU)zur Frage: Nennen Sie mir drei Gründe, weswegen ich meine Stimme der CDU und Ihnen geben sollte?


  




Peter Altmaier (CDU) zur Frage: Wie sich Politik für Politiker gewandelt hat und wie sich die Politikverdrossenheit für einen Spitzenpolitiker bemerkbar macht?


  




Elke Ferner (SPD) zur Frage: Nennen Sie mir drei Gründe, weswegen ich meine Stimme der SPD und Ihnen geben sollte?









Elke Ferner (SPD) zur Frage: Wie wollen Sie Nicht-Wähler dazu bewegen doch noch zur Wahl zu gehen und ihre Stimme abzugeben?









Markus Tressel (Bündnis 90 die Grünen) zur Frage:  Nennen Sie mir drei Gründe, weswegen ich meine Stimme den Grünen und Ihnen geben sollte?

  




Markus Tressel (Bündnis 90 die Grünen)zur Frage: Sie wollen mehr Schulden machen, 40 Milliarden Euro stehen im Raum. Sind so hohe Neuschulden nötig und wo soll das Geld hinfließen?



 



Oliver Luksic (FDP) zur Frage: Nennen Sie mir drei Gründe, weswegen ich meine Stimme der FDP und Ihnen geben sollte?






Oliver Luksic (FDP) zur Frage: Läuft mit einer Vermögenssteuer Deutschland das Kapital weg?





Thomas Lutze (die Linke) zur Frage:  Nennen Sie mir drei Gründe, weswegen ich meine Stimme der Linken und Ihnen geben sollte?









Thomas Lutze (die Linke)zur Frage: Können Sie sich eine Duldung der Linken in einer Koalition vorstellen?






Das waren nicht alle Fragen, die ich gestellt habe, wer sich für mehr interessiert, der kann sich gern bei mehr melden. 

Wer allerdings immer noch mit dem Gedanken spielen sollte am Sonntag nicht zu wählen - aus welchen Gründen auch immer - dem möchte ich noch ein YouTube-Video ans Herz legen. Doktor Allwissend erklärt hier schön, wieso nicht-wählen auch keine Lösung ist.

Doktor Allwissend: Warum wählen gehen besser ist



Für alle, die der Auffassung sind, dass "meine Stimme allein eh nicht bewirken kann", dem sei eines gesagt: Konrad Adenauer wurde seiner Zeit mit EINER Stimme Unterschied zum Kanzler - seiner eigenen! Die eigene Stimme zählt und ist wichtig. Das Wahlrecht ist das höchste Gut, dass wir in Deutschland haben. Nutzt euer Recht und geht am Sonntag Wählen! 

Ich wünsche euch noch ein schönes Wahlkampfwochenende.

cheers,

karlo